Schnelles Denken, Langsames Denken – Teil drei der Serie mit Insights aus dem Buch von Daniel Kahnemann. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie sich die Kompetenzillusion auf unser Leben auswirkt. Ob die menschliche Intuition besseres Urteilsvermögen besitzt als eine mathematische Formel und wie es immer wieder zu extremen Planungsfehlern im speziellen bei Bauprojekten kommt und welche Rolle dabei die Optimistische-Verzerrung spielt.

Im dritten Teil der Serie zum Buch von Daniel Kahneman – Schnelles Denken, Langsamens Denken widmen wir uns der sehr kritischen und provokanten Thematik über die Beschränkungen unseres Denkens. Wir thematisieren unser übermäßiges Vertrauen in das, was wir zu wissen glauben, und unsere scheinbare Unfähigkeit, das ganze Ausmaß unseres Unwissens und der Unbestimmtheit der Welt zuzugeben.
Der erste Begriff, der in diesem Zusammenhang vor allem das Expertentum betrifft, ist die sogenannte Kompetenzillusion. Wie sich diese in der Praxis äußert, soll anhand eines konkreten Beispiels erklärt werden. Dazu meine Frage an Sie:
Glauben Sie, dass Wertpapierexpert*innen und Profis an der Wallstreet die Aktien mit dem größten Potential an Wertzuwachs aufgrund Ihres umfassenden Wissens und Könnens auswählen oder bei Ihrer Auswahl einfach nur Glück haben?
Um genau das herauszufinden, wurden über 160.000 Transaktionen von Investoren über einen Zeitraum von sieben Jahren beobachtet. Vor allem evaluierte man, wie sich der Wert der gekauften Aktien und Wertpapiere im Verhältnis zu den verkauften Titeln entwickelte. Die Ergebnisse waren eindeutig, jedoch eindeutig negativ.

Im Schnitt entwickelten sich die Wertpapiere, welche die Händler verkauften, besser als jene, die sie kauften, und zwar erheblich besser. Genau gesagt um 3,2 Prozent Punkte und das sogar unter der Berücksichtigung der Transaktionskosten. Ohne es zu wissen, spielten die sogenannten „Stockpicker“ ein Zufallsspiel, das jedoch nichts mit Ihrem Können oder Wissen zu tun hatte. Denkt man in diesem Zusammenhang zum Beispiel an die Jahresboni der jeweiligen Mitarbeiter*innen von großen Investmentgesellschaften wird hier oft bloßes Glück honoriert.
Diese und vergleichbare Ergebnisse werden oft unter den Teppich gekehrt was nicht weiter verwunderlich ist, denn die Kompetenzillusion ist nicht nur ein individueller Urteilsfehler, sondern auch tief in unserer Wirtschaftskultur verwurzelt.
Praxis Tipp:
Überlegen Sie es sich gut, ob und wie Sie Ihr Geld an der Börse investieren
möchten. Versuchen Sie Ihr Glück selbst durch die persönliche Auswahl der
jeweiligen Wertpapiere, setzten Sie auf Indexfonds und passiv gemanagte
Fonds oder wählten Sie den bisher klassischen Weg und vertrauen sich der Investmentberatung Ihrer Bank an.
Menschliche Intuition oder mathematische Formel, wer urteilt zuverlässiger?
In eine ähnliche Richtung hinsichtlich der tatsächlichen Expertise von Expert*innen geht das nächste Beispiel. Man wollte dabei herausfinden ob klinische Vorhersagen auf Basis subjektiver Eindrücke von Fachleuten zutreffender waren als statistische Vorhersagen, die man erhielt, wenn man einige Punktewerte (Scores) oder Ratings nach einer bestimmten Regel kombinierte.
Welche der beiden Methoden lieferte somit zutreffendere Ergebnisse die menschliche Intuition von Expert*innen oder eine mathematische Formel? Das Ergebnis war mehr als eindeutig und zeigte, dass die Formel zutreffendere Ergebnisse lieferte als 11 der 14 Berater*innen.

Dazu wieder ein Beispiel aus der Praxis, um die Erkenntnisse besser zu veranschaulichen, dieses Mal aus dem Bereich der Medizin. Im Buch Schnelles Denken, Langsames Denken wurde eine Studie angeführt, die an erfahrenen Radiolog*innen durchgeführt wurde. Diese sollten Röntgenbildaufnahmen beurteilen. Nach einer gewissen Zeit und bei einer anderen Gelegenheit wurden Ihnen die gleichen Bilder nochmals gezeigt und in 20% das Fällen kamen Sie zu einer unterschiedlichen Beurteilung.
Die Begründung der unterschiedlichen Beurteilung der gleichen Aufnahme liegt im sogenannten Priming-Effekt, der bereits in einem früheren Blogbeitrag behandelt wurde. Daraus wissen wir, dass unbemerkte Stimuli in unserer Umgebung einen erheblichen Einfluss auf unser Denken und Handeln haben. Nicht nur beim Normalbürger, sondern auch bei Expert*innen.
Praxis Tipp:
Wie kann man sich nun bestmöglich gegen solch unbewusste, jedoch
folgeschwere Fehlbeurteilungen schützen? Die Empfehlung aus der
Sicht der zu beurteilenden Personen ist, sich einen Fragebogen bzw.
eine Checkliste zu erarbeiten, die man dann systematisch anwendet.
Dabei ist die Empfehlung circa sechs Unterschiedliche Bewertungs-
kriterien zu definieren. Diese werden einzeln mit einer Skala von 1 bis 5
beurteilt. Aus der erreichten Gesamtpunkteanzahl lassen sich dann
konkrete, vorab definierte Maßnahmen ableiten.
Ein Paradebeispiel ist hier der entwickelte Apgar-Test zur Beurteilung des Gesundheitszustandes von Neugeborenen. Eine einfach anzuwendende Checkliste die sehr wirkungsvoll ist.
Warum kommt es immer wieder zu eklatanten Planungsfehlern?
Der dritte und letzte Aspekt, der in diesem Beitrag behandelt wird, beleuchtet die Thematik rund um Planungsfehler der damit verbundenen irreversiblen Kosten auch „sunk cost“ genannt und in weiterer Folge der Begriff der Optimismus-Verzerrung. Planungsfehler kennt man aus den Medien nur zur Genüge.

Als konkretes Beispiel ist hier das Schottische Parlament angeführt und den damit verbundenen Kosten, die im Juli 1997 mit 40 Millionen Pfund geschätzt wurden. Zwei Jahre später betrug das Budget bereits 109 Millionen Pfund, 2003 waren es 375,8 Millionen und bei der Fertigstellung 2004 beliefen sich die endgültigen Kosten auf 431 Millionen Pfund. Doch wie kommt es dazu?
Bei der Planung solcher Unternehmungen wird oft von optimal ablaufenden Szenarien ausgegangen, man vernachlässigt Ereignisse, die nicht unbedingt vorherbar sind wie Erkrankungen, Personalwechsel, Abstimmungsprobleme, bürokratische Hürden, um nur einige Beispiele zu nennen. Besser beraten ist man hier, wenn man vorab nach statistischen Daten eines ähnlichen Falls sucht und heranzieht – Nutzung von Referenzklassenprognosen was der Nutzung vorhandener Informationen entspricht und somit eine objektive Außensicht mit einbezieht, sodass man nicht den eigenen Planungsfehlern unterliegt.
Oft kommt bei dieser Art von Großprojekten und ganz besonders bei Prestige Projekten eine Optimismus-Verzerrung dazu, die eine wichtige Ursache für das Eingehen eines Risikos ist. Sie besagt, dass Menschen Risiken eingehen, weil die Chancen günstig sind - sie nehmen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen kostspieligen Fehlschlag in Kauf, weil die Erfolgswahrscheinlichkeit hinlänglich hoch ist. Bei risikoreichen Projekten fallen Führungskräfte allzu leicht dem Planungsfehlschluss zum Opfer. Sie treffen dadurch Entscheidungen die auf irrationalen Optimismus statt auf einer rationalen Abwägung von Gewinn, Verlusten und Wahrscheinlichkeiten basieren.
Ist das Projekt einmal in Gange und größere Summen an Kosten angefallen, fällt die Entscheidung immer schwerer das Projekt zu stoppen, um noch höhere Kosten zu vermeiden. Das bisher investierte Geld das irreversibel investiert wurde, wird oft als „sunk cost“ bezeichnet.
Unglücklicherweise kann es dann immer noch passieren, dass statistische Daten vorhanden sind, und dadurch die Chance besteht auf Erfahrungswerten aufzubauen, jedoch diese so behandelt werden wie üblicherweise Basisdaten behandelt werden – zur Kenntnis genommen und ad acta gelegt. Am Projekt wird trotzdem weitergearbeitet. Man kann dies als Beharrlichkeit oder auch als unvernünftige Sturheit bezeichnen oder wie der Autor Daniel Kahneman in seinem Buch schreibt: „der Triumpf der Hoffnung über die Erfahrung“.
Alles Gute und viel Erfolg für Ihre Vorhaben!
Bis zum nächsten Mal, hier bei yourSUCCESS.
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Schnelles Denken, Langsames Denken* von Daniel Kahneman
Thinking, Fast and Slow* von Daniel Kahneman im englischen Original
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